Künstler der Woche

Interview mit Orélie

Künstler der Woche: Orélie

Orélie, die charmante Zauberin mit französischem Flair, hat einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen: Vom sicheren Job hin zur magischen Bühne. Ihre Shows sind nicht nur Tricks – sie sind Geschichten, die unter die Haut gehen. Was sie an der Zauberei fasziniert und wie Ihr "Magic Dinner" Genuss und Magie verbindet, erzählt sie in unserem Interview.

Hallo Annette bzw. Orélie, wie geht es dir?
Hallo und Salut! Mir geht's gut, danke. Die Sonne scheint und ich freue mich auf die Fragen. Wie schön, dass ihr mich als Künstlerin der Woche gewählt habt. Ich fühle mich geehrt. Mal gucken, was mir zu deinen Fragen „Schlaues“ oder auch „weniger Schlaues“ einfällt.
Wie kamst du zur Zauberei und was hat dich daran fasziniert?
Ich war längst erwachsen, fest verankert in Job und Familie, aber hatte die große Sehnsucht, nochmal etwas Neues anzufangen. Eines Abends in einem Lokal hat mich ein Zauberer so fasziniert, dass mich der Gedanke, selbst zu zaubern, nicht mehr losgelassen hat. Fasziniert hat mich, dass ich für einen Moment wirklich bereit war, an Wunder zu glauben. Ich war also infiziert. Es folgten Jahre der Übung, Frustration, des Aufgeben-Wollens und Wieder-Anpackens. Dann kam der Durchbruch und ich habe entschieden, meinen Job an den Nagel zu hängen und ausschließlich zu zaubern. Das war keine leichte Entscheidung. Puhh. Habs aber zum Glück nie bereut
Was unterscheidet dich von anderen Zauberinnen?
Die meisten weiblichen Zauberer, die ich kenne, zaubern hauptsächlich für Kinder und sind in irgendeiner Form clownesk. Das ist bei mir anders. Ich bin kein Clown und zaubere ausschließlich für Erwachsene. Es sind schon immer wieder mal Kinder in meiner Show. Das freut mich sehr, weil ich Kinder total gerne mag, und sie sind eigentlich auch immer fasziniert. Meine Kunst ist aber im klassischen Sinne keine Zauberkunst für Kinder. Was mich vermutlich von den Nicht-Clown-Kolleginnen unterscheidet, ist, dass ich schauspiele und als Zauberin in die Rolle der Orélie schlüpfe. Orélie ist Französin, und ihre Art erinnert an Amélie aus dem Film "Die fabelhafte Welt der Amélie": verträumt, naiv, irgendwie süß, aber gewieft. Man mag sie einfach sofort. (An dem Punkt hier ist mir echt wichtig, dass dem Leser klar ist, dass ich hier nicht von mir spreche, denn es wäre komisch, sich selbst als süß oder ähnliches zu bezeichnen. Es ist wirklich die Figur, von der ich spreche, wie Schauspieler es auch tun.) Also zurück zu Orélie: Sie gewinnt die Leute mit ihrem französischen Charme meist für sich und lässt sie an Wunder glauben. Sie liest Gedanken auf so charmante Art, dass man ihr das gar nicht übelnimmt, sondern lieber noch mehr sehen möchte. Als Walking-Act oder Tablehopper, als welche ich auch oft gebucht werde, ist natürlich keine Zeit für eine ganze Geschichte wie in der Show. Hier wird viel gelacht, Spaß gemacht, direkt in den Händen der Zuschauer gezaubert und in Köpfe eingetaucht. Manchmal passieren auch ganz nebenbei im Gespräch merkwürdige Dinge. Das ist immer echt spannend und total witzig.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Show ist vielleicht auch noch, dass ich (Annette) meine Bühnenmusik selbst schreibe und Orélie gerne singt, während sie Dinge schweben lässt.
Was sind deiner Meinung nach die wesentlichen Elemente, die eine großartige Zaubershow ausmachen?
Ich glaube, das Wort großartig muss man definieren. Es gibt großartige Zauberer mit großartigen Shows mit Viel!! Groß!! und Bähm!! Das fasziniert mich schon, weil unglaublich viel Arbeit dahintersteckt. Aber eine großartige Zaubershow im Sinne von: der Zuschauer geht glücklich, erfüllt und mit einem ganz besonderen Gefühl nach Hause, ist für mich eine Show, in welcher der Zauberer es schafft, das Publikum zu berühren. Wenn eine Stimmung, eine kleine sanfte Handbewegung Gänsehaut erzeugt oder wohlgewählte Worte, kombiniert mit einem minimalistischen Kunststück, Tränen auslösen können.
Ich hoffe, das klingt jetzt nicht zu blumig, aber ich glaube, ihr wisst, was ich meine. Es ist das Kleine, das so großartig sein kann.
Welche Rolle spielt Humor bei deinen Auftritten?
Eine sehr große. Es ist quasi mein persönliches USP bzw. Alleinstellungsmerkmal. Nach meiner Tätigkeit als Film- und Theaterschauspieler war ich über 20 Jahre mit über 10 Kabarettprogrammen auf den großen Kabarett Bühnen unterwegs. Und im Kabarett geht es immer um Humor. Das ist das Mittel, mit dem ich auch heute noch mein Publikum erreiche, zum Lachen und Nachdenken bringe und unterhalte. Gerade bei etwas schwierigeren oder ambivalenten Themen, wie zum Beispiel der künstlichen Intelligenz, schafft Humor Abstand. Mit Lachen lernen Menschen einfach lieber und leichter.
Wie gehst du bei der Zusammenstellung deiner Tricks für eine Show vor und wie fügst du sie zu einem stimmigen Programm zusammen?
Hm? Das ist gar nicht immer gleich. Es gibt Kunststücke, die mich so faszinieren, dass ich sie unbedingt können will. In dem Fall lenke ich meine Geschichte an einen Punkt, der Sinn ergibt, dieses Kunststück einzubauen. Oder aber ich überlege mir, an welchem Punkt im Leben Orélie gerade steht. Im Moment gründet sie z.B. eine WG und sucht nach Mitbewohnern. Welches faszinierende oder auch witzige, bühnentaugliche Kunststück könnte man nutzen, um einen Mitbewohner auszuwählen und was sind die Kriterien dafür? Sind z.B. gerade meine Gedanken. Man sollte mit dem Mitbewohner vielleicht philosophieren oder gut Wein trinken können. Dann bastle ich also an einem Weinflaschentrick oder an einer Mentalnummer zum Philosophieren und es entsteht ein roter Faden und ein eben stimmiges Programm.
Welche Rolle spielt die Interaktion mit dem Publikum in deinen Shows?
Eine sehr große. Mit dem Publikum steht und fällt die Show. Gern begrüße ich die Leute schon am Eingang persönlich, beobachte versteckt und bekomme ein Gefühl für sie, um zu entscheiden, wer als Bühnenkandidat infrage kommt. Mit den Jahren entwickelt man ein Gespür dafür, mit wem was möglich ist. Man spürt, wenn Leute das gar nicht wollen, die bleiben auf jeden Fall verschont.
Kannst du uns etwas über das "Magic Dinner" erzählen?
Das Magic Dinner ist mein Herzstück. Es ist wie ein Krimidinner, nur eben mit Zauberkunst. Der Gast wird mit einem Zaubertrank (Aperitif) begrüßt. Es folgt ein Abend mit 3-Gänge-Menü und meiner Show auf einer kleinen Bühne, die zwischen den einzelnen Gängen stattfindet. Ich spiele aktuell z.B. jeden zweiten Sonntag in München in Schwabing. Das Magic Dinner ist sehr beliebt, weil die Leute es so gern mögen, das, was sie gerade gesehen haben, zwischendrin zu besprechen und gemeinsam zu rätseln, wie es wohl funktioniert. Hinzu kommt das leckere Essen, und ich komme auch im Laufe eines Abends an jedem Tisch vorbei für einen Trick hautnah. Dabei entsteht eine wunderschöne Atmosphäre, sodass ich wirklich oft das Gefühl von „mit Freunden im Wohnzimmer“ habe, weil man sich eben auch kennenlernt. Wird auch sehr gern verschenkt, weil es wunderbare gemeinsame Zeit ist, die man dort erleben darf.
Was ist dein Lieblingstrick?

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Zauberin Orélie
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Magic Dinner mit Orélie