Künstler der Woche
Interview mit Noémi Schröder et Les Ricochets
Hallo Noémi Schröder et Les Ricochets. Wie geht es euch?
Danke der Nachfrage! Es geht auf jeden Fall aufwärts. Die Nachfrage nach Livemusik ist gerade enorm - Solo, im Duo oder Trio sind wir alle in verschiedensten Formationen schwer gefragt. Nur als Band haben wir es noch schwer: die Festivals, die fünf Musiker engagieren, sind schon länger im Voraus abgesagt worden. Im Moment geht eher so das ganz spontane und dann in kleiner Besetzung.
Wie habt ihr euch kennengelernt?
Ich (Noémi) habe mich schon länger mit französischen Chansons selbständig gemacht. Vorher war ich als Schauspielerin und Sängerin in Stückverträgen oder an verschiedenen Theatern engagiert. Parallel dazu begann ich, meine eigenen Chanson-Theaterabende zu schreiben und aufzuführen. Als ich dann 2013 mit meiner Tochter Louisa schwanger war, entschied ich mich, endlich meinen großen Traum umzusetzen und eine eigene Band zu gründen.
Elmar und Olaf kennen sich seit Jahren, ebenso wie Guido und Vincenzo - wie zwei alte Ehepaare, nur, dass sie sich eben nicht gegenseitig kannten. Direkt die erste Probe war einfach der Hammer! Dadurch, dass jeder der Musiker aus einer anderen Stilrichtung kam, begannen wir schon da, Chansons nicht einfach nur zu covern, sondern jeder Musiker brachte seine eigene Note ein. Leider ist Guido Allgaier 2019 überraschend gestorben. Peter hat sich aber unfassbar schnell in die Band eingearbeitet und dem ganzen noch seine Gypsy-Jazz Note hinzugefügt.
Elmar und Olaf kennen sich seit Jahren, ebenso wie Guido und Vincenzo - wie zwei alte Ehepaare, nur, dass sie sich eben nicht gegenseitig kannten. Direkt die erste Probe war einfach der Hammer! Dadurch, dass jeder der Musiker aus einer anderen Stilrichtung kam, begannen wir schon da, Chansons nicht einfach nur zu covern, sondern jeder Musiker brachte seine eigene Note ein. Leider ist Guido Allgaier 2019 überraschend gestorben. Peter hat sich aber unfassbar schnell in die Band eingearbeitet und dem ganzen noch seine Gypsy-Jazz Note hinzugefügt.
Eure große Leidenschaft ist die französische Musik – woher kommt diese große Begeisterung?
Ich habe ja als Kind schon französische Chansons rauf und runter gehört: meine Mutter ist Französin, mein Vater war Französischlehrer und lud oft andere Lehrer und Oberstufenschüler zu uns nach Hause ein, um gemeinsam mit der Gitarre französische Chansons zu singen. Das waren tolle Abende! Wir Kinder taten so, als würden wir längst schlafen, in Wirklichkeit saßen wir auf der obersten Treppenstufe und lauschten. Vincenzo hat dadurch, dass er sein ganzes Leben in Frankreich verbracht hat und ebenso lange Akkordeon spielt, die Musette natürlich mit der Muttermilch aufgesogen. Florian hat Jazzgitarre studiert und ist somit stilistisch extrem offen und anpassungsfähig. Elmar und Olaf hatten mit französischem Chanson vorher nichts am Hut, was genau den Reiz ausmacht, eben aus der traditionellen Schiene herauszukommen und französisches Chanson mal ganz anders zu betrachten.
Daneben spielt ihr auch deutsche Indiemusik – warum ausgerechnet Tim Bendzko und Co. als Zusatz?
Mir ging es als Sängerin hauptsächlich um die Geschichten, die ich erzählen möchte. In den Chansons ist die Geschichte essenziell, durch die ein Gefühl transportiert wird - welche Sprache, ist da nebensächlich. Um 2013 ging es los, dass immer mehr Singer/Songwriter auch deutsche Songs schrieben, die mich berührten, deren Geschichte mir gefiel. Die wollte ich meinem Publikum nicht vorenthalten. Ich wollte sie in unserem Stil präsentieren und ihnen so noch einmal eine persönliche Ausdruckskraft verleihen. So gelangten eben auch ein paar deutsche "Chansons" im weitesten Sinne in unser Repertoire und es werden sicher noch weitere hinzukommen: ich bin immer für Ideen offen!
Ihr kommt aus den verschiedensten musikalischen Richtungen, mischt Gitarre, Akkordeon, E-Bass und Cajon – wie gelingt diese Kombination?
Das genau ist es, was unsere Band so besonders macht: oft hat einer von uns eine Idee für ein Arrangement und die anderen setzen diese auf ihre Art um - so entsteht ein neuer Blickwinkel. Vincenzo spielt dabei nicht nur seine weichen, glitzernden Soli, sondern groovt auch mal ganz ordentlich - etwas, was man wahrscheinlich nicht als erstes von einem Akkordeon erwarten würde. Florian verbindet das ganze mit verträumter Akustikgitarre, funkt aber auch gerne mal mit seiner elektrisch verstärkten Jazzgitarre. Ungewöhnlich ist auch, dass wir keinen zupfenden Kontrabassisten, sondern mit Olaf einen E-Bassisten haben, der sowohl unglaublich weiche Teppiche unter zarte Stücke legt, aber auch mal ein knackendes, knarzendes Solo raushaut, wenn es gefragt ist. Elmar macht mit der Cajon eben nicht alles platt, sondern legt einen filigranen Groove-Teppich mit interessanten Aspekten. Manchmal ist er auch traurig, dass er nicht mit seinem kompletten Drumset auffahren darf - das kann er nämlich auch unglaublich gut!
Welcher Auftritt ist euch besonders in Erinnerung geblieben?
Ganz klar die CHIO 2019 in Aachen. Das war das verrückteste, was mir jemals passiert ist. Plötzlich hatte ich zwischen Tür und Angel den Uwe Brandt, den Regisseur der Eröffnungsfeier am Hörer! Ihm wäre eine Band ausgefallen und er bräuchte jetzt in 14 Tagen eine Gruppe, die im Stadion vor 44.000 Zuhörern die Eröffnungsfeier spielt - ob wir den Erfahrung mit größeren Veranstaltungen hätten? Ich kannte das Grenzlandtheater in Aachen, wo er damals Intendant war, aber mir sagte die CHIO Aachen (eine der weltgrößten Pferdesport-Veranstaltungen) nichts und ich antwortete fröhlich: na klar hätten wir Erfahrung, auch mit größeren Veranstaltungen, wir sind ja schließlich etablierte Musiker... Der Auftritt selber verlief dann bei Eiseskälte im vollbesetzten Stadion wie in Trance: wir waren alle durch In-Ear abgeschirmt und bekamen gar nicht mit, dass die Menschen im Stadion mitklatschten und sangen: das erfuhr ich hinterher, als ich mir in der Mediathek den Mitschnitt vom WDR ansah. Erst da kapierte ich, was das eigentlich für ein Abend gewesen war. Etwa 10 Tage vor dem Anruf hatten wir von Guidos Tod erfahren. Irgendwie hatten wir alle das Gefühl: das hat er uns nochmal zugeschoben, er hat uns alles Gute gewünscht.
Welches Stück darf bei keinem Auftritt fehlen?