Künstler der Woche

Interview mit Marc Dibowski

Zauberer Marc Dibowski Künstler der Woche

"Das älteste Zauberbuch stammt von 1700 v. Chr. ("Papyrus Westcar"). Zauberei faszinierte stets – und auch der Drang "dahinter zu kommen" und Geheimnisse zu entschlüsseln." Wie der Zauberkünstler Marc Dibowski Jung und Alt mit seiner Zauberei fasziniert und wie ihm das Zaubern vor allem in seiner Kindheit geholfen hat, erzählt er im neuen Interview.

Sie haben bereits mit sechs Jahren angefangen zu Zaubern und sagen, dass Ihnen das Zaubern Akzeptanz gebracht hat. Was meinen Sie damit genau?
Ich kam mit einem Herzfehler zur Welt, der erst im Alter von elf Jahren operiert wurde. Für meine Klassenkameraden kam ich nicht in Frage, was Sportwettkämpfe jeglicher Art anging. Dies führte zu einer gewissen Außenseiterrolle bei den "coolen Jungs“. Durch die Zauberei fand ich Gehör und wurde wieder gesehen, denn ich konnte etwas, was die Anderen nicht konnten und dann wiederum cool fanden. Dies führte zu Akzeptanz, aber auch zu einer neuen Exotenrolle.
"Ein Zauberer lügt nicht, er täuscht.", sagen Sie. Was macht Ihrer Meinung nach die Faszination der Menschen mit Zauberern aus?

"Es ist das Live-Erlebnis. Darum funktionieren viele Zaubershows im TV auch nicht."

“Zauberkünstler sind die ehrlichsten Menschen der Welt: Sie versprechen zu täuschen und halten dies stets!” Lügen ist in der heutigen Zeit leider häufig ein Synonym für "betrogen werden“ oder für das Nicht-Einhalten von Versprechungen. Ich mag diesen negativen Beigeschmack nicht, denn ich möchte weder reinlegen, noch lügen. Ich möchte die Gäste täuschen, indem ich mit meinen Wundern mitten in ihren Verstand ziele. Der Zuschauer fühlt einen Zauber, der lange in Erinnerung bleibt und die Gäste der Veranstaltung miteinander ins Gespräch bringt. Menschen lieben Wunder, besonders wenn sie persönlich berühren und ganz nahe passieren. Es ist das Live-Erlebnis. Darum funktionieren viele Zaubershows im TV auch nicht. Der Zuschauer muss die Menschen wortwörtlich „begreifen“ können – und dabei dennoch getäuscht werden. Selbst wenn ein Zuschauer zunächst "Zauberer“ mit "Kindergeburtstag“ assoziiert, ist es meine Aufgabe, ihn so zu unterhalten, dass dieser Gedanke schnell davongezaubert ist.
Sie haben auch schon Bücher geschrieben - eines davon heißt "Wunder zu verkaufen!". An wen richtet sich dieses Buch?
Das Fachbuch "Wunder zu verkaufen!“ richtet sich an alle Show- und Eventkünstler, sowie an Kreative (Fotografen, Designer, Hochzeits- und Showdienstleister), die Anfragen per Telefon von Interessenten bekommen und darauf reagieren müssen. Das Buch soll meine Showkollegen ermutigen und internes Underground-Handwerkszeug vermitteln, das eigene Produkt optimal dem Kunden darzustellen, damit dieser sicher sein kann, einen perfekten Künstler zu seiner Veranstaltung zu buchen, ohne auf die Nase zu fallen. Die ersten Erfolge beginnen am Telefon. Dies ist gewinnbringend für beide Seiten: Der Kunde wird optimal und bedarfsgerecht beraten, mit der Sicherheit, einen optimalen Künstler zu buchen und der Künstler kann sicher sein, zufriedene Kunden zu seinen Bedingungen und optimale Aufträge ohne ausufernde Diskussionen und Verhandlungen zu erhalten. Näheres zu diesem gibt es auf der gleichnamigen Webseite zum Buch, beziehungsweise Hörbuch oder eBook, auf der es auch diverse Goodies zum kostenfreien Download für Künstlerkollegen gibt.


Woran erkennt denn ein Kunde einen für sich passenden Künstler?
Ich glaube, in erster Linie muss der Kunde definitiv mit dem angefragten Künstler sprechen, um sich ein Bild von ihm zu machen. Dies bedeutet, den Telefonhörer in die Hand nehmen und telefonieren. Hier hilft eine Leitlinie, die ich auch auf meiner Webseite veröffentlicht habe. Fragen wie: Ist der Künstler spezialisiert, oder bietet er alles an? Weitere gute Kriterien sind die Häufigkeit seiner Auftritte oder auch externe Bewertungen im Netz. Der Kunde muss merken, dass es dem Künstler wirklich wichtig ist, dass die Feier ein Erfolg wird. Wird diese es nämlich nicht, schadet dies nicht nur der Künstlergemeinschaft als solches; auch ist dann jeder investierte Euro des Kunden ein Euro an Gage zu viel. Ganz persönlich habe ich kein Problem damit, auch anderweitig spezialisierte Kollegen zu empfehlen, wenn ich merke, dass ich nicht zur angefragten Veranstaltung passe.
Ihre Frau gibt auch Unterricht im Zaubern. Mit was beginnt man als Zauberamateur denn genau?
Ich habe sowohl befreundete Kollegen, die wie ich mit sechs Jahren begonnen haben, als auch Kollegen, die Mitte 40 mit der Zauberkunst begonnen haben und so dafür brennen, dass sie in wenigen Jahren einen professionellen Status erlangten. Ich glaube, als Kind hat man weniger Angst sich zu blamieren und "macht einfach“. Als Erwachsener geschieht alles viel rationaler und mit mehr Bedenken. Man handelt mit steigender Lebenserfahrung mehr kognitiv und weniger aus dem Bauch heraus. Wenn man aber durch einen professionell angeleiteten Zauberunterricht erst einmal erfahren hat, wie man seine Freunde, auch ohne viel Fingerfertigkeit und vielmehr mit Cleverness, täuschen und begeistern kann, mag dies der Beginn eines wunderbaren neuen Hobbys sein. Die älteste Schülerin meiner Frau Yvonne (Zauberina) war 84 Jahre alt.
Sie wollen bei Ihren Auftritten dezent wirken. Haben Sie hier selbst negative Erfahrungen gemacht?

"Kinder sind das kritischste Publikum der Welt: wenn ihnen etwas nicht gefällt, stehen sie auf."

Ich selbst bleibe seit Beginn meiner zauberischen Tätigkeit als Kind meinem Motto treu, eher dezent und nicht reißerisch auf die Gäste zuzugehen. Das Gegenteil von dezent ist häufig aufdringlich und störend. Genau dies möchte ich bei meinen Kunden nicht sein, denn bei mir werden alle höflich behandelt. Ich wirke eher dezent; und wenn ich damit die Gäste "umhaue“ und begeistere, wirkt dies umso stärker, als würde ich mit Ach-und-Krach auf mich aufmerksam machen. Viele Gäste mögen einfach keine Selbstdarstellung. Die Gastgeber möchten die Helden ihrer Veranstaltung sein, und dabei helfe ich gern.
Sie zaubern auch für Kinder. Was macht Ihnen denn mehr Spaß - der Auftritt vor Erwachsenen oder vor Kindern?
Ich begann mit der Zauberei für Kinder. Kinder sind das kritischste Publikum der Welt: wenn ihnen etwas nicht gefällt, stehen sie auf. Wenn Kinder etwas herausfinden, sagen sie es. Kinder rufen dazwischen, was eine enorme Flexibilität und Spontaneität trainiert, welche bei Erwachsenenauftritten hilft.
Die Zauberei für Kinder nimmt bei mir durch meine Spezialisierung auf die Tischzauberei nur noch einen geringen Stellenwert ein. Ich habe aber an beidem gleich viel Freude, nur auf eine andere Art und Weise. Kinder möchte ich in ihrem Selbstbewusstsein stärken, denn nicht ich zaubere in meinem Kinderprogramm, sondern die Kinder. Erwachsenen möchte ich auf andere Art Erinnerungen schaffen und Gespräche initiieren. Darauf habe ich mich spezialisiert.
Sie sind ein spezialisierter Profi der "Tischzauberei“. Was ist das genau?
Zauberkunst am Tisch unterhält generationsübergreifend die Gäste direkt. Die Gespräche werden nicht unterbrochen und dennoch passiert etwas, auf das die Gäste den Gastgeber ansprechen werden. Auf höfliche Art kommen die Gäste mit mir und untereinander ins Gespräch, staunen, lachen, schauen fassungslos und diskutieren gemeinsam. Zudem kann ich am Tisch wesentlich flexibler auf die Gäste und auf unvorhergesehene Überraschungen reagieren, die Zauberei ist deutlich stärker und der Kunde muss sich im Vorfeld um nichts kümmern. Die Reaktion der Gäste bei der Tischzauberei ist von allen Showarten die Stärkste, die ich bislang erleben durfte. Ja, Tischzauberei ist für viele die schwerste Art der Zauberkunst und verlangt definitiv mehr Spontaneität und auch Können als andere Arten der Zauberkunst. Auf einer Bühne kann ich mich verstecken und mein Programm spielen, bei der Tischzauberei erhalte ich spontanere Reaktionen und muss darauf reagieren. Dabei ist es gleichgültig, ob ich vor einem englischsprachigen Publikum auftrete oder vor deutschsprachigen Zuschauern. Diese Reaktion ist zwar in unterschiedlichen Ländern immer anders euphorisch, verfehlt aber nie das Ziel des Gastgebers, seine Gäste zu beeindrucken.
Welchen Tipp würden Sie heute Ihrem sechsjährigen Ich geben?
Probiere aus und kopiere nicht den Stil anderer Kollegen! Finde deinen eigenen Weg, denn genau so habe ich es gemacht. Ich kannte, bis ich mein erstes Buch über die Zauberei mit Kindern geschrieben habe, nahezu kein anderes Kinderprogramm. Ich habe viel gelesen, viel selbst ausprobiert, ohne mich an Vorgaben zu halten. Dies brachte mich zu meinem eigenen Stil. Ein zweiter Rat, den ich viel eher hätte selbst befolgen sollen wäre: Lies fremdsprachige Bücher. Und wenn es keine fremdsprachigen Bücher sind, so lies deutsche Bücher und schaue weniger Youtube-Videos. Denn Videos schauen verleitet zum Nachmachen; so wirst du nicht unvergleichlich.
Sie sind Mitglied im "Magischen Zirkel von Deutschland". Was ist das genau?
Der "Magische Zirkel“ ist die Vereinigung der Hobby- und (wenigen) Berufszauberer in Deutschland. Die Mitglieder sind geprüft, und zwar theoretisch (Fachwissen und geschichtliches Wissen über die Zauberkunst), als auch praktisch mit einem eigenen Programm und eigenen Routinen vor Publikum. Im Gegensatz zu internationalen Zaubervereinigungen wie beispielsweise dem IBM (und dem käuflichen Merlin Award) sind deren Mitglieder zumindest beim Eintritt in den MZvD einmal "unter die Lupe“ genommen worden. Wussten Sie, dass zum Beispiel auch Kollegen wie Sascha Grammel (Bauchredner), Eckart von Hirschhausen (Moderator) oder auch Jürgen von der Lippe (Komiker) Mitglied in dieser Vereinigung sind? Man muss allerdings nicht unbedingt Mitglied sein und erst recht nicht, wenn einem "Vereinsmeierei“ nicht liegt - hilfreich zum Aufbau von Netzwerken kann es aber schon sein. Um beispielsweise an der MagicLive! In Las Vegas, einem der größten Zauberkongresse der USA teilzunehmen, muss man aber kein Mitglied sein. Die Teilnahme an solchen Kongressen - meine Frau und ich nehmen bald zum vierten Mal an der MagicLive teil - kann zum Teil wertvoller sein, als ein Zirkeltreffen in der Kleinstadt nebenan. Es ist u.a. stets eine Frage von "Wie ernst nimmt man seine Passion?“.
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