Künstler der Woche
Interview mit Doc Mac Dooley
Hallo Alexander. Wie geht es dir?
Dank der Aufhebung der coronabedingten Beschränkungen geht es mir zur Zeit wieder sehr gut. Ich freue mich über viele Anfragen und einen gefüllten Tourkalender.
Als Doc Mac Dooley bietest du Unterhaltungsprogramme sowohl für Kinder als auch für Erwachsene – wie kamst du dazu?
Doc Mac Dooley hat zu einem bedeutenden Teil seinen Ursprung darin, dass ich seit meiner Kindheit immer wieder berührt wurde mit fantastischen Themen. Ich sammelte Fantasyliteratur wie „Die Nebel von Avalon“, Historien- und Zeitreisenromane und Harry Potter. Mit 10 Jahren bin ich mit meinen Eltern an den verschiedenen Schauplätzen der Artussage gewesen. Mit 15 kam ich auf das Thema Irland durch ein Musikalbum, dass mir meine Schwester zum Geburtstag geschenkt hatte. Es folgte eine Reise zum Ring of Kerry und ich war schockverliebt. Vom Urlaub zurück lernte ich einen Mann kennen, der sowohl Irish Folk spielte als auch ein mittelalterliches Bardenprogramm zu Rittermahlen. Über ihn kam ich dazu, mein schauspielerisches und gesangliches Talent auszuleben, mir ein Repertoire an Folksongs anzueignen und Instrumente zu spielen, bis ich irgendwann auch solistisch auftrat, eine Ausbildung zum Musicaldarsteller machte und einige Semester Operngesang studierte. Parallel dazu entwickelte sich weiter mein Hang zum Archaischen. So trug ich bereits vor der Erschaffung Doc Mac Dooleys auf Konzerten und im Privaten seine Gewandung. Nach Verlassen der Musikhochschule überlegte ich, was ich aus all dem machen könnte. Der Stein für Doc Mac Dooley kam schließlich 2013 ins Rollen. In diesem Jahr feierten die Brüder Grimm ihren 200sten Geburtstag und die Agentin einer Unterhaltungsagentur bot mir an, mich in Kindergärten, Grundschulen und Bibliotheken vermitteln zu können, wenn ich ein Konzept hierfür schreiben könnte. In der Geschichte „Fingerhütchen“ fand ich eine passende Vorlage für die erste Elfenstunde. Die Programme für Erwachsene zu entwickeln, kam durch den glücklichen Zufall zustande, dass ich die Short Story „The Ghost and the Bonesetter“ in die Hände bekam und sofort dachte: diese Geschichte musst du inszenieren! Das irische Geschichtenkonzert zu konzeptionieren, bot sich als Hybridformat bestehend aus Konzert und Geschichtenerzählung einfach an, da alle Elemente bereits für sich so vorhanden waren und ich einfach gerne vorlese und erzähle - vor allem Geschichten über Irland.
Wie unterscheiden sich deine Programme?
Es gibt inzwischen drei Elfenstunden von Doc Mac Dooley für Kinder bzw. als Familienprogramm. Die Kinder werden im Gegensatz zu Erwachsenen auf spielerische Weise erreicht. Requisiten werden zu Spielzeugen und tatsächliche Spielzeuge werden zu wissenschaftlichen Instrumenten zweckentfremdet. Ich begebe mich in eine greifbare Position, in welcher ich mich selbst weniger ernstnehme und oft eine staunendere, naivere und fragendere Haltung gegenüber den Kindern einnehme. Den Erwachsenen bekomme ich nicht allein über die reine Emotion, sondern durch ein feinabgestimmtes Verhältnis aus Emotion und Intellekt. Die Kinder mehr aus dem freien Spiel, Improvisation und Intuition. Hinzu kommen übersinnliche Fähigkeiten und eine charmante Überzeichnung des Charakters, der hier oft zerstreuter und verrückter wirkt als im Erwachsenenprogramm. In dem zweiten Märchen des Programms wird die Grenze des bloßen Erzählens durchbrochen, wenn Doc Mac Dooley inmitten der Show in die Rolle des Protagonisten springt. Drei Lieder in deutscher Sprache, angelehnt an traditionelle irische Melodien, beziehen sich auf die Inhalte und bilden Auftakte, Übergänge und Abschlüsse zwischen den einzelnen Programmabschnitten. Während sich die erste Elfenstunde mehr dem Erzählen eines Märchens widmet, erheben sich Elfenstunde II und III zu richtigen durcharrangierten Märchenmusicals, die einem roten Faden folgen und in denen Mac Dooley immer wieder durch Positions-, Haltungs- und Stimmwechsel die Rollen der verschiedenen Charaktere einnimmt, als auch ihre Lieder singt. In Elfenstunde III schließlich wird Doc Mac Dooley selbst zum Protagonisten, der die Kinder mit auf sein eigenes Abenteuer nimmt. Im Erwachsenenprogramm lässt Doc Mac Dooley keinen Zweifel daran aufkommen, dass er ein ernstzunehmender Wissenschaftler ist. Wenn er am Anfang seines Seminars über „paranormale Phänomene“ sein Publikum, dass er ungefragt zu StudentInnen macht, zur Räson zieht und damit zur Aufmerksamkeit ermahnt, ist dennoch eine charmante und humorvolle Darbietung gegeben.
Woher nimmst du deine Inspiration und wie entsteht eine Geschichte bei dir?
Meine Inspiration ziehe ich aus den vielen Büchern meiner stolzen Sammlung von Feen- und Elfengeschichten, aber auch aus Musik. Die Geschichten entstehen, indem ich mich auf die Suche nach einem Märchen mache, das mystisch und ausdrucksstark genug ist, um die Phantasie der Kinder anzuregen und Elemente enthält, aus denen sich ein spannendes Bühnenstück kreieren lässt. Dann erarbeite ich den Text. Viele der Geschichten aus dem 19. Jahrhundert sind für die Kinder von heute schwer zu verstehen. Schachtelsätze breche ich auf, kürzere Sätze herunter. Wenn mir eine moralische Aussage nicht gefällt, schreibe ich sie einfach um. Am Ende steht der gesamte Text in einer eigenen Fassung. Dann schaue ich nochmal nach den Schlüsselmomenten, an denen sich eventuell die prosaische Erzählung durch Lieder ersetzen lässt. Dabei nutze ich immer ein ausgewogenes Verhältnis aus moderner Musik und traditionellen Melodien der keltischen Kultur. Wenn die Fassung grob steht, beginne ich schon einmal, den Text szenisch zu lesen, um zu schauen, ob er funktioniert. Währenddessen mache ich mir auch Gedanken zum Einsatz von einzelnen Requisiten. Eigentlich ist die Entstehung der vollständigen Ausstattung immer ein Gemeinschaftswerk mit befreundeten Künstlern und Handwerkern. Am Ende muss alles in sich schlüssig sein, um die größte Authentizität zu erreichen. Worauf ich besonders stolz bin, sind meine gleichnamigen Hörspiele der Elfenstunden, die ich mit Kindern, Musikern und Musicaldarstellern sowie einem Filmkomponisten produziert habe.
Wichtiger Bestandteil deines Programms ist deine unverwechselbare Gewandung – wo bekommt man heute noch solche Kleidungsstücke her?
Ich habe mich eigentlich nie direkt auf die Suche nach Kleidungsstücken begeben. Oftmals war es einfach Glück. Manche Dinge kamen zu mir und ich konnte sie gut integrieren. Meine Weste und meine Stiefel habe ich mit 17 von meiner Mutter bei einem Urlaub am Gardasee geschenkt bekommen. Die erste Lederhose kam von einem Freund, als ich schon in Weimar studierte. Mittlerweile ist sie leider zerschlissen. Die zweite habe ich über einen Mittelalterversand bestellt, das erste Hemd vom Markt geholt und weitere mir zuschicken lassen. Meine Halstücher habe ich aus einem indischen Laden aus Weimar. Dorther habe ich zum Beispiel auch den Schmuck an meinem Hut. Das ist übrigens noch ein echter Stetson aus einem Herrenfachgeschäft aus Leipzig. Meine Jacke fand ich durch Zufall in einer Boutique in Passau. Schwierig ist es vor allem Ersatz zu finden, wenn etwas zerschlissen ist. Dann suche ich schon lange, bis ich etwas passendes gefunden habe.
Was liebst du am meisten an deiner Kunst?
Jede Form von Wort, die Menschen ins Staunen und Träumen oder auch Erwachen bringt, egal ob geschrieben, gesprochen, gesungen oder geschauspielert. Wenn man mich fragt, als was ich mich bei der Vielseitigkeit meines Berufes am ehesten sehe, dann würde ich sagen, als Geschichtenerzähler. Letztendlich, denke ich, ist das jeder Künstler, egal ob er Tänzer, Schauspieler, Schriftsteller, Musiker, Bildhauer oder Maler ist. Wir sind alle Menschen, die gerne eine Geschichte erzählen, am liebsten eine, die einen tieferen Sinn und Werte des Lebens vermittelt und die Menschen daran erinnert, was wichtig und wahr ist. Das ist schon beinah wie eine heilige Aufgabe. Darin spüre ich auch immer wieder ein Gefühl von Liebe, in der ich mich mit den Menschen verbunden fühle.
Welcher Auftritt ist dir besonders in Erinnerung geblieben?
Darauf kann ich mich gar nicht festlegen. Aber die schönsten Auftritte sind die, wenn selbst die Erwachsenen in einer Selbstverständlichkeit nach einem Programm zu mir kommen, mich umarmen und mir ins Ohr flüstern: „Danke!“
Welche Botschaften möchtest du mit deiner Kunst transportieren?
Im keltischen Glauben war und ist immer alles miteinander verbunden. Was ich durch Doc Mac Dooley möchte ist, uns wieder bewusst zu machen, dass wir uns wieder dem Verbundensein mit der Natur zuwenden müssen - im Innen als auch im Außen. Dass wir die Rückkehr antreten zu einem Lebensgefühl der Ursprünglichkeit. In Irland spüre ich auch in unseren modernen Zeiten dieses lebendige Gefühl von Ursprünglichkeit und Verbundenheit mit allen Dingen der Schöpfung. Und so dürfen wir auch die Grüne Insel als Sinn- und Vorbild nehmen, wieder den Weg zurückzufinden, zu den Wurzeln unseres menschlichen Seins.
Kannst du uns zum Schluss noch eine Kostprobe geben?